von Pfarrer Adolf Löser (†) Ein sehr gern gesehener Gast unserer Häuser und Familien trat vor genau 50 Jahren zum ersten Male an die Öffentlichkeit: unser Heimatblatt, die „Ostheimer Zeitung“. Auf das herzlichste wurde es willkommen geheißen, nachdem zwei andere Versuche, unser Gebiet mit wöchentlichen oder auch im Abstand von 2-3 Tagen mit Nachrichten zu versehen, gescheitert war.
Da war einmal die ältere „Tante“, um in Angleichung an die berühmte und allgemein bekannte „Vossische Zeitung“ zu erinnern: „das Ostheimer Wochenblatt“! Es erschien mit dem 1. April 1866 zum ersten Mal, „redigirt von C. Gräfenhan“, wie Ostheims Ortsgeschichtschreiber Val. Gastpari berichtet. „Im September 1868 ging derselbe mit Tod ab und ging hiermit auch die genannte Zeitung wieder ein“. Halten wir fest: im Jahre des Bruderkrieges kam diese „Zeitschrift“ auf, wenige Jahre vor der im Anschluß an den Sieg von 1870/71 erfolgten volklichen Einigung versank sie wieder in der Zeiten Schoß.
Um die Jahrhundertwende (1899) kam ein weiterer Anstoß einen größeren stark interessierten Leserkreis durch Zeitungsdienst über die Neuigkeiten des Tages auf dem Laufenden zu halten. Es war Herr Richter aus Meiningen, der diesem Wunsch nachkam. Doch mit dem Beginn des neuen Jahrhunderts (1900) musste auch diese Zeitung aus dem kulturellen Leben unserer Kleinstadt und ihrer engeren Nachbarschaft wieder verschwinden.
Wenn „drei“ an sich eine heilige Zahl ist, so konnte es nicht ausbleiben, dass ein dritter Ansatz zum Ziele führen sollte. Diese Anregung kam aus Kaltennordheim und war wiederum - wie das erste Blatt - dem Rhöner Heimatboden entsprungen! Der Verleger Ribatzki gestaltete dieses Blatt, dessen Haupttitel „Ostheimer Zeitung“ noch heute den Kopf ziert! Am Sonnabend, dem 23. März 1907, erschien die erste Nummer dieser Zeitung - gleichsam als ein Frühlingsbote, am Vortage des Palmsonntags, wie heuer am gleichen Tage unsere Jubiläums-Ausgabe ihre Leser erfreut! Wenn der Untertitel damals lautete „Lokal- und Anzeigeblatt für Ostheim und die umliegenden Ortschaften“, so kommt er dem jetzigen „Nachrichten- und Anzeigenblatt für Ostheim und Umgegend“ gleich!
Bald übernahm Buchdrucker und Verleger Paul Renn den Zeitungsverlag, ihm folgte nach einiger Zeit der Buchhändler Bruno Schüffel (1908). Dieser überließ ebenfalls nach kurzer Zeit Druckerei und Zeitungsverlag dem Buchdrucker Paul Moser, bis der jetzige Buchdrucker und Verleger Reinhold Werner (1910) die Buchdruckerei und die Herausgabe der „Ostheimer Zeitung“, die seit Anbeginn dreimal wöchentlich erscheint, übernahm. Sie wurde zu einem festen Bindeglied zwischen Ostheim, Rhön und der Weite. - Denn fast alle getreuen „Uhstemer“, die in der Ferne ihrem Beruf nachgingen und in der Fremde ihr Glück (im Existenzkampf oder in der Familie!) gefunden hatten, werteten die „Ostheimer Zeitung“ gleichsam als „Heimatbrieflein“ und waren hocherfreut, wenn der Postbote es ihnen dreimal in der Woche brachte. So fand es seinen Weg hinaus in die früheren sieben sthüringischen Staaten und darüber hinweg ins weite deutsche Vaterland.
Der wirtschaftliche Aufstieg im Zweiten Reich hatte es gefördert. Der I. Weltkrieg, da der Verleger zum Heer einberufen wurde, hat ihm nicht das Lebenslicht auszublasen vermocht; denn es konnte sich auf die unerschütterliche Treue seiner Leser verlassen! Manchem Draußenstehen - hart an der Front - wurde es zum ständigen Begleiter im Tornister; zumal jene Sonderausgaben, die Sup. W. Förtsch über Einberufene, Ausgzeichnete oder über die Entwicklung des Heimatlazarettes hinausgehen ließ, wurden der sinnfälligste Ausdruck einer heimatverbunden Kameradschaft.
Auch die Inflation mit der nachfolgenden Zeit der Arbeitslosigkeit vermochte es nicht, die Leserschaft von dem liebgewordenen Boten abzuwenden! Denn manche der Nachrichten wirkte warnend, manche tröstend und viele erfreuend. Objektiv und sachlich berichtend, wahrte die Heimatzeitung dennoch allezeit eine rein persönliche Note, vor allem im lokalen Teil, dessen drei Worte „Aus der Heimat“ immer anziehend wirkten!
Von nationaler Not und völkischer Wende wußte sie gleichermaßen zu berichten - bis eine schablonenhafte Gleichschaltung auch an ihr Grundgefüge zu greifen schien. Sie aber bewahrte ihre mannhafte Haltung und führte ihre Eigenart fort, Millionenauflagen anderer Blätter Trutz bietend - der Rhöner Eiche und Buche gleich, ungebeugt, wenn auch bedroht.
Im „Dritten Reich“, das für die Zeitungen täglich einschneidende Vorschriften brachte, hatte auch die „Ostheimer Zeitung“ durch die Zensur sehr zu leiden. Trotzdem erschien sie bis Ende des Krieges ununterbrochen weiter, obwohl die meisten Zeitungen - außer den Parteizeitungen - auf Anordnung ihr Erscheinen einstellen mussten. Jetzt erst, durch die Besatzungstruppen gezwungen, musste sie im beinahe vierten Jahrzehnte ihres Erscheines ihren Dienst und ihre Sendung einstellen.
Aber kaum hatten sich die Wogen einer aufwieglerischen und aufwiegelnden Zeit geglättet - da trat schon Verleger und verantwortlicher Herausgaber nebst einem treuen Mitarbeiterstab auf den Plan, es - dem Vogel Phönix gleich! - wiederum aus Schutt und Asche, aus den Trümmern zerstörter Hoffnungen und Städten neu erblühen und fruchtbringend hinausgehen zu lassen! Am 1. Oktober 1949 - unter Anknüpfung an die alte Zählung im 39. Jahrgang - erschien die erste Nummer wieder.
Aber welche Veränderung fand sie vor. Das einstige Verbreitungsgebiet durch die kriegerisch-geschichtliche Entwicklung geschmälert, der Versand durch die Grenze beschränkt, des Hinterlandes beraubt, wichtiger geschäftlicher Verbindungen früherer fördernder Inserenten völlig verlustig! - Das war ihre Lage, als das Wagnis des Hoffens und Vertrauens neu beschritten wurde. Ihre Leser aber in den USA kamen wieder in den Genuß, in ihrem Gastvolk, das zu unserem Kriegsgegner geworden war, die wohlvertrauten Klänge ihres Heimatblattes vernehmen zu können.
So hat sie in den folgenden Jahren wieder bis zum heutigen Tage ihren schlichten Dienst durchgeführt - ihrer alten Aufgabe im gleichen Gewande treu, goldene Früchte in schlichtem Gefäße darbietend.
In ihren Urwurzeln bis ins Jahr des Bruderkrieges (vor 90 Jahren) zurückreichend, im neuen Sprößling auf das „Zweite Reich“ zurückgehend, Ersten Weltkrieg, Inflation, Zweiten Weltkrieg, Zusammenbruch, Besatzungszeit und Währungsreform überstehend, wirkt sie nun im 50. Jahre ihres Bestehens, fortan auch dem einen Ziele nachstrebend, das uns alle bewegt: die Wiedervereinigung unseres Volkes herbeisehnend, treu der Heimat dienend, ihren Lesern in „Ostheim und dessen Umgegend“ allezeit ein aktuelles „Nachrichten- und Anzeigenblatt“ zu sein!